Jeden Dienstag Nachmittag trifft sich das Projektteam im großen Besprechungsraum. Das Meeting neigt sich dem Ende, der Projektleiter, ein erfahrender Softwareingineur, bittet jeden Teilnehmer, über den Status seines Risikos zu berichten. Das Team identifizierte bereits während der Planungsphase Risiken, die eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit besitzen und große Auswirkungen auf das Projekt ausüben können. Jedes Teammitglied ist nun verantwortlich, eines der Risiken zu steuern und zu überwachen. Ziel ist es, das Risikoregister auf den aktuellsten Stand zu halten. Wie in jedem Meeting fordert der Projektleiter die Mitarbeiter auf, neue Risiken aufzuspüren. „Mitdenken ist erwünscht. Auch Bauchgefühle oder unbestätigte Gerüchte sind willkommen“, ermuntert er sein Projektteam.
Risiken analysieren
Schnell war sich das Projektteam während der Planungsphase einig: Das Lizenz Management birgt erheblich Risiken. Zu diesem Zeitpunkt war noch unklar, ob teure Softwarelizenzen angeschafft werden müssen oder nicht. Doch im Vertrag mit dem Lieferanten ist vereinbart, dass die Maschinen im Rechenzentrum nur mit gültigen Lizenzen betrieben werden dürfen. Der Projektleiter muss dafür sorgen, dass die Software immer auf dem aktuellsten Stand ist. Der Lieferant vermeidet mit dieser Vereinbarung Sicherheitsrisiken. Dem Projektteam war auch klar: Ohne aktuelle Lizenzen sind die Server im Rechenzentrum durch Hacker angreifbar. Sicherheit geht über alles. Das gilt insbesondere für den IT-Bereich, so lautet die Devise im Unternehmen. Hier darf der Projektleiter keine Kompromisse eingehen. Auch unter wirtschaftlichen Aspekten ist das Lizenz Management zwingend. Ein Schaden im Rechenzentrum wäre um ein vielfaches teurer, als die Anschaffungskosten neuer Lizenzen.
Projektleiter, wir haben ein Problem!
Im Teammeeting meldet sich der Mitarbeiter zu Wort, der für die Überwachung der Softwarelizenzen verantwortlich ist. „Der Lieferant informierte uns, das wir die neuen Lizenzen einspielen müssen. Es gibt keine Alternative, wir müssen es tun. Nun brauchen wir Geld, um die Lizenzen einzukaufen.“ Erstaunlicherweise bleibt der Projektleiter bei dieser Nachricht gelassen. Sein vorausschauendes Handeln zahlt sich nun aus. Schon während des Projektstarts signalisierte ihm das Team, dass dieses Risiko mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten würde. Daraufhin richtete der Projektleiter einen Platzhalter in der Budgetplanung ein. Leider weigerten sich die Controller, diesen Platzhalter zu akzeptieren. Sie lehnten den Kostenpuffer ab. „Wer weiß, ob dieser Fall überhaupt eintritt“, sagten sie und strichen den Betrag vollständig aus der Budgetplanung. „Geld auf Verdacht zu parken, ohne dass konkreter Bedarf besteht, können wir uns nicht leisten“. Trotz dieser Absage hatte der Projektleiter etwas Wichtiges erreicht: Durch die Debatte thematisierte er seinen Bedarf. Sein Wunsch und seine Argumente lagen den Controllern frühzeitig vor. Nun hat er die Aufgabe die Gespräche und Informationen aus den Tiefen des Controllergedächtnisses zu heben und zu reaktivieren.
Nichts dem Zufall überlassen
Der Projektleiter bittet die Controller ein weiteres Mal, Budget für die Lizenzen bereitzustellen. „Das Risiko ist eingetreten. Falls wir die Lizenzen nicht beschaffen und es kommt zu einer Störung im Rechenzentrum, wird es noch teurer“, beschreibt der Projektleiter das Worst-Case-Szenario per Mail. Parallel bittet er um ein persönliches Gespräch. Er weiß, dass in schwierigen Situationen der direkte Kontakt zielführender ist als pure schriftliche Kommunikation. Das Gespräch bereitet er mit einem einen Foliensatz vor. Dieser führt alle wichtigen Argumente auf, die die Anschaffung untermauern. Die Powerpoint-Folien beantworten die Frage, was passieren würde, wenn die Lizenzen nicht angeschafft werden würden.
Vorhandene Pläne aktualisieren
Die Zeit drängt. Neben der Akquise des Budgets, überarbeitet der Projektleiter die aktuelle Kostenplanung. Sobald das Budget freigegeben ist, fügt er die neuen Positionen in bestehende Planung ein. Dem Projektleiter ist wichtig, jederzeit auskunftsfähig über die neue finanzielle Situation seines Projektes zu sein.
Der Teufel steckt im Detail
Der Prozess der Beschaffung ist umständlich da sehr formal. Der verantwortliche Projektmitarbeiter kümmert sich um den Bestellvorgang. Er ist erfahren mit den internen Einkaufsprozessen. Die Ansprechpartner auf der Lieferantenseite kennt er persönlich. Der Projektleiter bittet ihn, regelmäßig über den Fortschritt des Einkaufsprozesses im Teammeeting zu berichten. Neben der Budget- und Lizenzbeschaffung lässt der Projektleiter alle relevanten technischen, organisatorischen und betrieblichen Fragen klären. Können die Lizenzen während des laufenden Betriebes übernommen werden oder nur im Wartungsfenster? Sobald alle Antworten vorliegen, wissen die Kollegen vom Betrieb, was zu tun ist. Der Projektleiter bitte sie, ihre zusätzliche Arbeit zu beschreiben. Daraus formuliert er Aufgabenpakete, die er in den bestehenden Arbeitsstrukturplan nachträgt.
Meine Empfehlungen
- Lassen Sie sich regelmäßig im Teammeeting über Risiken und deren Relevanz berichten.
- Kommunizieren Sie das Risikoregister an Ihre Stakeholder, um sie mit aktuellen Informationen zu versorgen. Besonders Informationen über Risiken mit hoher Eintrittswahrscheinlichkeit sind wertvoll.
- Gehen Sie niemals unvorbereitet in ein Meeting, in Sie sich Entscheidungen erhoffen. Bereiten Sie eine Unterlage vor die diese Informationen enthält: Ausgangssituation, Herausforderung, Optionen, Nächste Schritte.
- Parallelisieren Sie Aufgaben, soweit es geht. Somit sparen Sie wertvolle Zeit.
- Halten Sie Ihre Planungsunterlagen immer auf dem aktuellen Stand. Ändern sich Meilensteine, Budget, Inhalt oder Risiko fügen Sie die neuen Erkenntnisse in die bestehenden Planungen ein.